Leistungen für Menschen mit Behinderung

Kindergeld für behinderte Menschen: Gibt es andere Ansprüche?

Kindergeld für behinderte Menschen ist ein Thema, das viele Menschen angeht. Alle Eltern, die das eigene Kind im Haushalt angemeldet haben, haben in Deutschland einen Anspruch auf Kindergeld.

Soweit scheint das Ganze erst einmal recht simpel. Auf den ersten Blick bleibt es das auch, denn bis zur Volljährigkeit eines Kindes muss man dieses lediglich anmelden, um von diesem Anspruch Gebrauch zu machen.

Erst im Anschluss entstehen Unterschiede, die eine genauere Betrachtung notwendig machen. Einige Informationen habe ich an dieser Stelle zusammengetragen. Sie ersetzen jedoch keine Rechtsberatung.

Wie hoch ist das Kindergeld für behinderte Menschen?

Die Höhe des Kindergeldes ist gestaffelt. Sie richtet sich nach der Anzahl der Kinder, die Sie haben. Da nicht alle Ihre Kinder auch bei Ihnen gemeldet sein müssen, unterscheidet man zwischen Kindern, die klassisch bei einem wohnen und die man regelmäßig versorgt, und sogenannten Zählkindern.

Jedes Kind das in Deutschland geboren wird, wird bei seiner Geburt bei der Familienkasse gemeldet. Hierfür gibt es einen Antrag, den man auch online abrufen kann.

Über die Höhe des Kindergeldes entscheidet dabei nicht, ob ein Kind behindert ist oder gar schwerbehindert, sondern die Anzahl der Kinder beziehungsweise der Geschwister. So bekommt eine Familie mit einem Kind oder zwei Kindern im Monat aktuell 219 €.

Für das dritte Kind gibt es dann bereits 225 € und ab dem vierten Kind 250 € pro Kind. Dies ist auch der Grund, warum sogenannte Zählkinder mitgezählt werden. Ein Zählkind lebt nicht im  eigenen Haushalt, sondern bei einem anderen. Dies kann bei Patchwork-Familien der Fall sein.

Die Höhe des Kindergeldes variiert also nicht in Abhängigkeit vom Grad der Behinderung, sondern in Abhängigkeit der Anzahl der Kinder einer Familie.

Wie lange bekommt man Kindergeld für behinderte Kinder?

Tatsächlich gibt es auch hier zunächst eine einheitliche Aussage: Jedes Kind bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres begründet einen Anspruch auf Kindergeld. Möchte man darüber hinaus Kindergeld beziehen, hängt dies davon ab, ob das Kind bereits über eine vollständig abgeschlossene Erstausbildung verfügt.

Bei Studierenden kann dies, sofern sie vor Januar 1982 geboren sind, einen Anspruch bis zum 27. Lebensjahr rechtfertigen. Erst anschließend spielt es eine Rolle, ob es um ein behindertes oder ein nicht-behindertes Kind geht.

Kindergeld für Behinderte kann man nämlich unter bestimmten Umständen verlängern. Auf diese Weise kann ein Anspruch auf Kindergeld für Behinderte ein Leben lang gerechtfertigt werden.

Anspruch auf Kindergeld für schwerbehinderte Menschen

„Hat ein Kind eine Behinderung, kann es – unabhängig davon, wie alt das Kind ist – Anspruch auf Kindergeld haben. Eine Behinderung allein begründet den Anspruch auf Kindergeld jedoch nicht“, erklärt Susanne Eikemeier, Pressereferentin der Bundesagentur für Arbeit.

Tatsächlich ist das Kindergeld für behinderte Menschen an eine Reihe von Voraussetzungen geknüpft. So muss die Behinderung sich bereits in der Kindheit erstmals diagnostiziert worden sein. Susanne Eikemeier bestätigt: „Voraussetzung ist, dass die Behinderung des Kindes bis zum Tag vor seinem 25. Geburtstag eingetreten ist. Ist das Kind bis einschließlich 1981 geboren, muss die Behinderung bis zum Tag vor seinem 27. Geburtstag eingetreten sein.“

Dass auch die Behinderung selbst nachgewiesen werden muss, erscheint logisch, denn nur eine vorliegende Einschränkung rechtfertigt den Anspruch auf Kindergeld für behinderte Menschen im Erwachsenenalter. Am Einfachsten kann ein Handicap mithilfe des Schwerbehindertenausweises nachgewiesen werden. Doch es gibt auch andere Möglichkeiten.

Da es bei dieser Leistung auch um finanzielle Zuschüsse handelt, werden beim Kindergeld für behinderte Menschen natürlich auch die finanziellen Ressourcen des behinderten Menschen geprüft.

„Außerdem ist Voraussetzung, dass das Kind nicht über genügend eigene finanzielle Mittel verfügt, um seinen notwendigen Lebensbedarf selbst zu decken. Grund hierfür muss die Behinderung sein. Es wird angenommen, dass die Behinderung immer dann ursächlich ist, wenn zum Beispiel im Schwerbehindertenausweis des Kindes das Merkzeichen ‚H‘ (= hilflos) eingetragen ist oder das Kind in einer Werkstatt für behinderte Menschen betreut wird“, so Eikemeier.

Sie ergänzt: „Es gibt hier auch weitere Möglichkeiten, um den Zusammenhang zwischen der Behinderung und der Tatsache, dass das Kind sich nicht selbst unterhalten kann, zu belegen.“

Dass sich diese Aussagen nicht nur auf die klassische Kinder- und Ausbildungszeit, sondern auch über das erwachsene Leben hinaus bis zum Lebensende beziehen, erscheint angesichts der Aussagen von Frau Eikemeier möglicherweise ein wenig schwammig.

Tatsächlich ist es aber so, dass eine jede Behinderung, die die Anforderungen erfüllt, theoretisch den weiteren Bezug des Kindergeldes für behinderte Menschen rechtfertigt.

Eine stärkere Differenzierung zwischen den Behinderungsbildern ist genau genommen nicht vorgesehen, müsste aber vorgenommen werden, denn letztlich muss nicht unbedingt jede Behinderung zu einer diesbezüglichen Einschränkung führen.

Noch deutlicher wird dies, wenn die Inklusion tatsächlich hinsichtlich der ziel-gleichen Beschulung umgesetzt wird und man die vorliegenden Einschränkungen stärker differenziert.

Dieses müsste allerdings meiner Meinung nach bei jedem Menschen gemacht werden. Auf diese Weise würden die Stärken- und Schwächenprofile nämlich dazu beitragen, die individuellen Förderungen nicht nur auf Menschen mit Behinderung zu beziehen, sondern sie jedem zuteil werden lassen.

Tatsächlich jedoch hat die individuelle Förderung nicht unbedingt etwas mit dem Kindergeld für behinderte Menschen zu tun, sondern eher stellt es die Bewertung des Merkzeichens H als Grundlage für finanzielle Mittel in Frage.

Mit einem ziel-gleichen Abschluss wäre es nämlich auch einem behinderten Menschen möglich, in der freien Wirtschaft zu arbeiten. Wenn wir also die Inklusion vorantreiben möchten, sollten wir möglicherweise neue Bewertungsrichtlinien entwickeln.

Den Anfang jedoch sollte machen, dass jeder Mensch mit Behinderung beziehungsweise Einschränkung über seine Rechte und Möglichkeiten, aber auch über seine Mitwirkungspflichten informiert ist.

In Bezug auf das Kindergeld für Behinderte sollte jeder Mensch mit Behinderung in die Lage versetzt werden, seine individuellen Ansprüche einmal prüfen zu lassen. Der richtige Ansprechpartner hierfür ist die örtliche Familienkasse, die häufig bei der Bundesagentur für Arbeit angesiedelt ist.

Dass die Hilfen für Menschen mit Behinderung zumeist recht bürokratisch erscheinen, juristisch formuliert sind und meist auch nicht von den Menschen mit Einschränkungen selbst abgerufen werden können, ist sicherlich ein Hindernis, für uns alle wäre es aber zielführend, dieses Hindernis zu lösen, führe es doch zu einem Abbau der Bürokratie.

Letztlich sollten wir die Inklusion, oder anders gesagt, den Umgang mit Menschen mit Behinderung als Chance begreifen. Die Aufgabe einer abwehrenden Haltung würde den fünfzehn Prozent der Weltbevölkerung vermutlich ebenso gut tun wie allen Nichtbehinderten auch, denn der offene Umgang mit Menschen eröffnet neue Perspektiven und völlig neue Möglichkeiten.

Im Fall des Kindergeldes für behinderte Menschen erscheint die Beantragung vergleichsweise unkompliziert. Den Anspruch zu prüfen oder vielmehr prüfen zu lassen, stellt also eine vergleichsweise niedrige Hürde dar und erst recht kein Hindernis.

Dieser Beitrag macht deutlich, dass der Anspruch auf Kindergeld für behinderte Menschen sich keinesfalls grundlegend von den Nichtbehinderten unterscheidet. Einzig die Auszahlungsdauer dürfte als ergänzender Anspruch gewertet werden.

Bei genauerer Betrachtung gibt es allerdings durchaus ein paar Herausforderungen, denn auch wenn Kindergeld für behinderte Menschen regulär zum Elterneinkommen zählt, entstehen einige Herausforderungen.

Kindergeld für behinderte Menschen: Keine Einnahme des Kindes im Regelfall

Im Regelfall ist das Kindergeld für behinderte Menschen eine Einnahme des leistungsberechtigten Erziehungsberechtigten, die dem Kind zu Gute kommt. Es ist jedoch in der Regel keine Einnahme, die dem Kind zugeordnet wird.

Grundsätzlich wird das Kindergeld dem Elterneinkommen zugerechnet. Pressereferent Michael Sturmberg vom Landschaftsverband Rheinland erläutert: „Daher ist eine Anrechnung als Einkommen des Kindes auf dessen Sozialleistungen in der Regel nicht möglich. Hieran hat sich durch den Systemwechsel in der Eingliederungshilfe nichts geändert.“

Trotzdem wird das Kindergeld für behinderte Menschen natürlich auf Umwegen zur Versorgung des behinderten Menschen eingesetzt. Dies ist aber auch bei nicht gehandicapten Kindern üblich. Das Kindergeld trägt auch in diesem Fall zur Versorgung eines Kindes bei.

Kindergeld für behinderte Menschen: Sonderfall Wohnheim

Der Unterschied zwischen nicht behinderten und behinderten Kindern tritt jedoch auf, wenn das behinderte Kind oder der behinderte Erwachsene, für den Kindergeld gezahlt wird, in einem Wohnheim oder einer vergleichbaren Wohnstätte versorgt wird.

„Kindergeld wird allenfalls mittelbar eingesetzt, wenn Eltern einen Kostenbeitrag abführen. Erhält ein minderjähriges Kind Eingliederungshilfe über Tag und Nacht (stationär), ist von den Eltern aus deren Gesamteinkommen, zu dem dann auch das Kindergeld gehört, ein Kostenbeitrag in Höhe der häuslichen Einsparung zu fordern. Insoweit handelt es sich dann um einen mittelbaren Einsatz des Kindergeldes.“

Durch diese Berücksichtigung wird das Kindergeld allerdings dennoch für die stationäre Unterbringung des Kindes herangezogen.

Kindergeld für behinderte Menschen: Sonderfall Pflegefamilien

„Der Regelfall ist, dass das Kindergeld an die leiblichen Eltern oder die Pflegeeltern gezahlt wird. Auch in diesem Fall erfolgt keine Anrechnung von Kindergeld als Einkommen beim Pflegekind“, so Sturmberg. Weiterhin erläutert er eine theoretische Möglichkeit, bei der das Kindergeld als ein Einkommen des behinderten Kindes gewertet werden müsste.

„Es gibt eine mehr oder weniger theoretische Ausnahme: Sollte das Kind einen Antrag auf Abzweigung des Kindergeldes nach § 74 Absatz 1 Satz 1 EStG gestellt haben und die Zahlung des Kindergeldes (im Fall der Unterhaltspflichtverletzung oder Leistungsunfähigkeit der Eltern) an das Kind erfolgen, so steht ihm das Kindergeld als bereites Mittel zur Verfügung und wäre als Einkommen anzurechnen.“

Ein solcher Fall wäre den zuständigen Kolleginnen und Kollegen im Zuständigkeitsbereich des LVR allerdings unbekannt, so der Pressereferent des LVR. Michael Sturmberg ergänzt:

„Eine Abzweigung von Kindergeld nach § 74 Absatz 1 Satz 2 EStG kann auch zugunsten des Trägers der Eingliederungshilfe erfolgen, wenn und soweit dieser die Stelle im Sinne der Vorschrift ist, die dem Kind Unterhalt gewährt. Das abgezweigte Kindergeld ist dann auf den zu gewährenden Bedarf anzurechnen.“

Kindergeld für behinderte Erwachsene: Eine Frage der gesellschaftlichen Betrachtung

Die Frage, ob man einen behinderten Erwachsenen tatsächlich auf den Status eines Kindes zurückführen muss, ist eine Frage der Gesellschaft und ihrer Betrachtung.

Marie Lanfermann

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